Das Christkind kommt – aus Indien

Die drei Weisen kommen (alle Bilder Copyright Ueberreuter,Wien)

Jedes Jahr zu Weihnachten nehme ich Gerhard Haderers „Das Leben Jesus“ schmunzelnd zur Hand. Ein Büchlein, für das er wegen „Religionsbeschimpfung“ in Griechenland sechs Monate Haft kassiert hat, erst in zweiter Instanz 2005 freigesprochen wurde. Auch der damalige Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel war überzeugt, dass Österreichs Paradekarikaturist mit dieser Jesus-Erzählung „klar eine Grenze überschritten hat.“

Eigentlich hat Haderer nur romantische, alte Legenden modernisiert. Frei nach Zahra Leanders Lied „Fatme, erzähl mir ein Märchen – von dem ich träum, wär’ es doch wahr. Fatme, erzähl mir von Liebe – von einem Prinzen so wunderbar“. Der vielseitige Autor Bruno Balz hätte statt dem „Prinzen “ nur „Jesus“ nehmen zu brauchen – vielleicht wär’ daraus ein Kirchenlied geworden.

Der glückliche Josef

Haderer hätte seine Erzählung nicht an Jesus, sondern einfach an Buddha aufhängen sollen. Nach dem Motto: Dessen Leben kennt eh keiner. Bei solch einer Geschichte wäre gar nicht viel zu ändern. Maria hätte er bloß zur Maya gemacht:

Maya, die tugendhafte und noch jungfräuliche Gattin des Königs Suddhodana, zieht sich nach ihrer Hochzeit in ihren, vom König reich geschmückten Sommerpalast zurück. Dort muss sie ein Gelübde strenger Entsagung erfüllen. Denn in der Nacht hatte sie einen Wahrtraum: Buddha bricht mit göttlichem Glanze vom Himmel auf und erscheint ihr in Gestalt eines jungen, weißen Elefanten. Er tritt in ihre Seite ein und wird zur Frucht ihres Leibes, ohne sie zu beflecken – sie bleibt unbefleckt.

Der Erleuchtete

Vor der Geburt weissagen Maya die Brahmanen: Sie werde einen Sohn gebären; wenn dieser seine Residenz verlässt, wird er in den Stand der Frommen eintreten, wo er der Buddha sein werde.

Als die schwangere Maya ihre Eltern besuchen wollte, wird sie auf der Reise von ihrer Niederkunft überrascht. Nach zehnmonatiger Schwangerschaft gebiert sie einen Knaben.

Zu seiner Geburt steigt der weise Prophet Asita, ein alter, gebrochener Mann, vom Himalaya herab, denn die Engel hatten ihm Buddhas Geburt verkündet. Er weissagt dem König von des Kindes Buddha-Macht: „Euer Sohn wird hier zum Heile alles dessen, was lebt, geboren; er wird ein Welterlöser werden, und er wird ein dauerhaftes Licht anzünden in allen Wesen…die schweren Pforten finsteren Unglaubens wird er sprengen und Befreiung bringen.“ Darauf verlässt er sie. Weinend, weil ihm sein hohes Alter nicht gestattet, die Zeit des Heils noch zu erleben.

Er wird immer weiser

„Wie das Licht der Sonne oder des Mondes allmählich wächst, so nahm auch das Königskind täglich an jeder geistigen Vollkommenheit zu.“ (Buddhatscharita) Er strahlte und seine Strahlen waren glänzender als Gold. Er wurde immer weiser. Er lehrt im Tempel. Wenn der Knabe zu seinem Lehrer geht, schwinden dem vor Ehrfurcht die Sinne, so er ihn auch nur nahen sieht.

Die Zeit der Reife naht. Nachdem Buddha den Mara, den Versucher, zurückgeschlagen hat, wartet er auf die volle Erkenntnis. Deshalb sitzt er grübelnd unter dem Bodhibaum – und dieser wendet seinen Schatten nicht von ihm ab. Nach tiefer Meditation tritt die volle Erleuchtung ein – der Geburtsmoment des Heils mit Erleuchtungen in aller Welt.

Er lehrt seine Schüler

Der Erleuchtet erwählt seine Schüler, die ihn nicht ganz erfassen können. Dennoch sendet er sie aus mit den Worten: „Zieht aus, ihr Jünger aus Erbarmen für die Welt, und wandert zum Heile für viel Volks, zur Freude für Götter und Menschen. Und predigt ihr Jünger die Lehre“ (Mahavagga). „Tag und Nacht sollt ihr in Liebe tätig sein und nichts dafür verlangen.“

Die Heilung der kranken Tochter

Buddha zieht Kranke heilend durch das Land, lässt Wunden durch seinen bloßen Blick verharschen. In Häusern, in denen er einkehrt, lässt er den Hausherrn Korn vom Himmel regnen; dessen Schwiegertochter bekommt Reis im unerschöpflichen Maße.

Seine Jünger mühen sich auf Reisen furchtsam, bei Sturm mit ihrem Boot den Ganges zu queren. Doch der Erleuchtete schwebt mit magischer Kraft trockenen Fußes ans andere Ufer.

Wunderbare Weinverwandlung

Man sieht: Solche Wunderlegenden lassen sich einfach auch ohne Jesus erzählen: Ganz ohne Christen zu kränken!! Riskant waren sie immer. Etwa für den Märchenerzähler Bruno Balz. 1942 textete der bekennende Homosexuelle (und deshalb von den Nazis Verfolgte) für Zarah Leander: „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen – und dann werden tausend Träume wahr“. Vielleicht hat er damit jenes Heil der Welt gemeint, das Buddha und Jesus verkündeten. Die Alliierten haben den harmlosen Text jedenfalls anders interpretiert. Nach dem Krieg wegen Kriegspropaganda angeklagt, wurde er erst nach einem Jahr von einer amerikanischen Alliiertenbehörde freigesprochen. Wer weiß, wie die Ideologen in den „guten alten Zeiten“ mit Haderer umgesprungen wären. Oder heutzutage in Ländern wie Saudi-Arabien, wenn er das Leben Mohammeds illustriert hätte. Oder in Pakistan, wo im Dezember 2019 Junaid Hafeez nach sechsjähriger „Untersuchungshaft“ wegen Blasphemie nun endgültig zum Tode verurteilt wurde.

Buddha wandelt über den Ganges

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