Allerheiligen – müssen Päpste Heilige sein?

Wunder sind rar geworden – dorch die Heiligen werden immer mehr. Dabei sind Wunder eine Voraussetzung zur Heiligsprechung. Mindestens eines muss dem Apostolischen Stuhl nachgewiesen werden, damit ein Kandidat vom Seligen in die Reihe der Heiligen vorrücken darf.

Johannes Paul II., 26 Papstjahre bis zur Seligsprechung

Wenn mindestens zwei Drittel der dort versammelten Theologen für die Heiligsprechung stimmen, liegt die letzte Entscheidung beim Papst. Sind alle Bedingungen erfüllt, steht der Heiligsprechung, dem Kanonisationsakt, durch den Papst nichts mehr im Wege. Zuletzt wurde 2004 die Zahl der Heiligen und Seligen – dem Martyrologium Romanum – auf 6.650 aktualisiert. Hinzu kommen noch 7.400 Märtyrer.

Am 14. Oktober 2018 hat Papst Franziskus – vulgo Jorge Mario Bergoglio – seinem Vorgänger Paul VI. mit dessen Heiligsprechung jede Wartefrist im Fegefeuer – in dem sich das gemeine Volke mangels Heiligsprechung herum tummeln muss – erspart. Wie zuvor bereits am 27.04. 2014 Karol Jozef Wojtyla – vulgo Papst Johannes Paul II., den Benedikt XVI. bereits am 1. Mai.2011 selig gesprochen hatte. In der Warteschleife befindet sich derzeit noch Papst Pius IX. (1792 – 1878), unter dessen kirchlicher Anleitung viele Juden zum Christentum bekehrt wurden. Der bereits 1907 eingeleitete Seligsprechungsprozess wurde erst von Johannes Paul II. am 3. September 2000 (gemeinsam mit der Seligsprechung von Papst Johannes XXII.) gegen heftige Proteste jüdischer Organisationen abgeschlossen. Da Pius IX. – wie auch Luther – Antisemitismus vorgeworfen wird, muss er für seine Heiligsprechung möglicherweise noch auf die Zustimmung aus Jerusalem warten.

In der christlichen Frühzeit war diese Ehre Märtyrern vorbehalten, die für ihre persönliche Aufopferung für ihren christlichen Glauben ihr Leben geopfert haben.

Hl.Martin: Zu Martini müssen bloß die Gansln dran glauben

Deren Image wurde mit Heiligsprechungen sorgsam gewahrt. Wobei die Entscheidung über diesen bedeutsamen Schritt ins Himmelreich den örtlichen kirchlichen Behörden vorbehalten war. Seit die Kirche dank Konstantin dem Großen zur Staatsreligion geworden wurde, war diese Chance zumindest im südlichen römischen Reich vorbei. Der Kirche gingen die Märtyrer aus. Bei den nördlich der Donau zu missionierenden Heiden – wie etwa wie die Sachsen, die sich partout nicht christianisieren lassen wollten – blieb aber genügend Spielraum für neue Heilige.

Mangels Martyrium blieb frommen Heiligen-Aspiranten nur die Chance, sich mit Wundern zu profilieren. Die waren in den Zeiten gläubiger Christen offenbar recht häufig. Das reichte von prophetischen Vorhersagen über göttliche Offenbarungen bis hin zu – im Alltag recht sinnvollen – Wunderheilungen. Deren Nachweis scheint etwas problematisch gewesen zu sein. Ab Beginn des zweiten Jahrtausends begehrte daher der Papst deren Überprüfung – um sich ab Gregor IX. 1234 das alleinige Recht zur Heiligsprechung vorzubehalten.

1588 wurde das Verfahren in strikte Regeln gefasst. Bis 1978 wurden nach diesem System 302 Heiligsprechungen vorgenommen. Das blieb überschaubar. Aber allein unter Johannes Paul II. waren von 1978 bis 2005 für Heilig- und Seligsprechungen 482 Wunder vonnöten. Mehr als achtzig Prozent aller Heiligen sind im 20. Jahrhundert anerkannt worden. Am 12. Mai 2013 hat Papst Franziskus bei der ersten Heiligsprechung seines Pontifikats Antonio Primaldo gleich mit 800 seiner Gefährten heiliggesprochen – diese allerdings als Märtyrer. Da Johannes Paul II. eines natürlichen Todes starb und daher kein Märtyrer war, hat es mich natürlich interessiert, mit welchem Wunder er 2018 die Kongregation für die Heiligsprechung überzeugt hat. Pressewirksam wurde dieses Wunder jedenfalls nicht erwähnt. Aber vielleicht wussten die Redakteure auch gar nicht, dass für eine Heiligsprechung mindestens ein Wunder erforderlich ist.

Vergänglichkeit, Ölbild, Vincent Van Gogh, Amsterdam

In frühchristlicher Zeit wurde für einzelne Märtyrer am jeweiligen Todestag eine Eucharistie gefeiert. Mit steigender Heiligenzahl war dies nicht mehr möglich. Deshalb wurde im 4.Jahrhundert am 1. Sonntag nach Pfingsten Allerheiligen als Herrentag aller Heiligen eingeführt. Da sollten alle Heilige im Himmel gnädig gestimmt werden. Als Fürsprecher all jener armen Seelen, die bis zum jüngsten Gericht im Fegefeuer ausharren müssen. Für welche zur Rettung des ewigen Seelenheils üppige Spenden an die Kirchen flossen.

In der Ostkirche blieb dies bis heute so. Im Rom ging man jedoch eigene Wege. Dort hat Papst Gregor IV. 835 für die gesamte Westkirche Allerheiligen auf den 1. November festlegte. Bis mit Luther die Protestanten kamen. Die hatten für Fegefeuer und Ablasshandel kein Verständnis – und schafften Allerheiligen einfach ab. Damit wurden die Heiligen als Fürsprecher arbeitslos. Was allen gemeinsam blieb ist ein Gedenktag an die Entschlafenen, an dem das Ewige Leben in den Vordergrund rückt.

Amerikanisch-irisches Gedenken der Heiligen am 31.10.
Party time made in USA

Bei den einen Allerseelen, bei den anderen der Totensonntag. Was überdies blieb ist „All Hallows Eve“ – aller Heiligen Abend – der Abend aller Heiligen. Gefeiert vor Allerheiligen scheint es mir fraglich, ob angesichts dieses irisch-amerikanischen Halloween-Brauchtums tatsächlich irgend einer der Heiligen gedenkt.

 

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