JESUS trifft BUDDHA

Nirwana oder Himmelreich?

Religionsunterricht ist bis heute ein Lehrfach, das es an unseren Schulen faktisch nicht gibt. Im Unterricht wird unsere Jugend ausschließlich christlich sozialisiert – andere Religionen werden bei der Wissensvermittlung einfach ausgeblendet. Vielleicht wird es mit dem derzeit laufenden Volksbegehren „Ethik für alle“ künftig besser. Schließlich hätte ein derartiger Unterricht auch zur Jesus Lehre Interessantes zu bieten:

Dharmachakra Mudra Symbol des Lebensrades

Kaum einer weiß, wie nahe Jesus Lehre dem Buddhismus steht. Das Wesen eines Buddha besteht darin, dass er aus eigener Kraft sein Wissen erlangt – fernab von göttlichen Offenbarungen, heiligen Büchern oder der Unterweisung eines Lehrers. „Ich selbst habe die Erkenntnis erlangt, wessen Anhänger sollte ich mich nennen“, wird von dem Erleuchteten berichtet. Es handelt sich um eine evolutionäre Entwicklung, mit der sich ein Mensch Stufe um Stufe der Wahrheit öffnet, um selbst zur Buddhaschaft heranzureifen. Buddha ist daher auch kein „Heiland“, der einen anderen – oder die ganze Menschheit – durch seine Gnade ohne dessen Zutun erlöst. Er ist wie Jesus bloß ein Wegweiser, der den Pfad zum Heil zeigt – aber jeder muss diesen Weg für sich beschreiten – ohne dass Buddha etwas dazu tun kann. Deshalb heißt es im Dhammapada 276: „I h r selbst müsst Euch mühen, die Tathagatas verkünden nur.“

Ein atheistisches Evangelium

Wer sich Jesus Worte näher ansieht, wird dort die selbe Botschaft finden. Kein Wort davon, dass sich Jesus als Gott gesehen hat. Oder als irdische Inkarnation eines Gottes. Auch wenn ihm das später in die Schuhe geschoben wurde. Er war wie sein Vorgänger sechs Jahrhunderte zuvor ein Mensch, welcher der Geburt, dem Altern und der Krankheit unterworfen war. Dessen Dasein durch den Tod ein Ende gefunden hat.

Wie in den christlichen Evangelien wurde das Leben des Erleuchteten mit Legenden verbunden: Die Geschichte des Erhabenen wurzelt weit in der Vergangenheit – beim edlen Königsgeschlecht der Shakyas, das seinen Stammbaum bis zum Sonnengott zurück führte (ähnlich der Abstammung Jesus aus dem Geschlecht Davids). Bei Gautamas vorletzter Reinkarnation ließ er seinen Blick über die Erde schweifen – und erwählte sich die geeignete Mutter für seine Wiedergeburt.

Jesus Geburt, Dom Museum Wien

Diese – die tugendhafte Frau des Königs Shuddhodana – legte auf Buddhas Geheiß ein Keuschheitsgelübde ab. Zehn Monate später – einer Zeit voll religiöser Gedanken und Übungen – wurde sie am Weg zu ihren Eltern in einem Hain des Dorfes Lumbini von ihrer Niederkunft überrascht. Sie gebar einen Sohn. Statt des Heiligen Geistes war es ein weißer Elefant, der ihren mütterlichen Schoß befruchtet hatte. Sieben Tage später starb sie – da dieses kostbare Gefäß, das einen Buddha beherbergt hatte, nie wieder weltlichen Zwecken dienen sollte.

Geburtslegenden

Wie bei Jesus war die Geburt mit einer Fülle wunderlicher Erscheinungen verbunden. Mit einem Himmel voller Lichterglanz und dem Weisen Asita, der dem Neugeborenen seine künftige Größe prophezeite. Der auch tatsächlich schon in frühesten Jahren alle Lehrer durch außerordentliche Kenntnisse in Erstaunen setzte. Schon seinem Vater war einst prophezeit worden, sein Sohn werde einst Welteroberer oder Welterleuchter werden. Dreißigjährig kam dem Königssohn die Erkenntnis, dass sein bisheriges glückliches Leben nicht befriedigend war. Er entschloss sich zu schmerzvollster Askese und Kasteiungen – und konnte dennoch die Erleuchtung – den Sinn des Lebens – nicht erlangen. Nach sieben Jahren kehrte er der Askese den Rücken und wandte sich wieder dem Leben zu. Im kühlen Schatten eines Baumes sitzend erkannte er, dass nur der mittlere Weg einer maßvollen Weltentsagung zum Heil führt.

Dhyana Mudra Geste: Meditation unterm Bodhi-Baum

Der Tathagata erfasste wie Jesus die Weite des Kosmos und erkannte, dass der menschliche Geist weder zu einer Grenze des Raums noch zu einem Anfangspunkt der Zeit gelangen kann. Er ersetzt Spekulationen über ursachlose Ursachen – religiös oft Gott genannt – durch das untrennbare Verflochtensein aller Erscheinungen. Er vermeidet alle Spekulationen, die hinter vergänglichen Erscheinungen irgend etwas Unvergängliches erkennen wollen. Das Individuum mit seiner Innen- und Außenwelt besteht aus unendlich vielen Einzelfaktoren, die in einem ständigen Kommen und Gehen begriffen sind. Diese unendlich vielen Verflechtungen sind Ausdrucksformen des Weltgesetzes – des Dharma. Es zeigt sich im Mikrokosmos ebenso wie im Makrokosmos oder in der moralischen Ordnung der Welt.

Buddha im leidgeprüften Sri Lanka

Unsterbliche Seele?

Das Leid durch die ständige Verkettung von Ursache und Wirkung kann überwunden werden, da das Gute auf Grund der Macht des Sittlichen stärker als das Böse ist. Buddha weiß, dass alle Erscheinungen in der Welt vergänglich sind. Es gibt auch keine unsterbliche Seele und keine unsterbliche Ursubstanz, aus welcher im Wege der Evolution alles Geistliche und Stoffliche entstanden ist. Doch die Kräfte aller Dharmas (Daseinsfaktoren) wirken über den Verfall des physischen Lebens hinaus – und schaffen die Grundlagen für das Leben eines neuen Individuums. Indem sich dieses mit seinen stets ändernden Dharma Variationen durch viele Existenzen hindurch läutert, werden die Vorbedingungen für eine Wiedergeburt in fortgeschrittenen Daseinsformen mit glücklicheren menschlichen Lebensumständen immer besser. Bei dieser Weltenwanderung gibt es Rückfälle und Wiederaufstiege – bis nach endgültiger Läuterung der Strebende die völlige Leidenschaftslosigkeit erreicht und in der ewigen Ruhe des Nirwana von jeglicher weiteren Wiedergeburt erlöst bleibt.

Jeder Strebende kann zum Buddha werden

Für Buddha gibt es somit wie für Jesus kein „kommendes Himmelreich“ und damit auch keinen Herrscher eines derartigen Reiches. Ohne Herrscher kann jeder für sich die absolute Freiheit erlangen. Er erreicht einen Zustand, in dem Gier, Hass und Wahn restlos vernichtet wurde. Jedes Wollen des Gemüts endet wie in einer durch nichts zu trübenden Meeresstille im absoluten Seelenfrieden.

Jesus folgt dem Weg Buddhas und stellt die Autonomie des Menschen in den Vordergrund. Jeder kann für sich – schrittweise am Weg nach oben, zum Guten – die Leiden des irdischen Lebens überwinden. Dafür ist kein Gott nötig, auf dessen Autorität und Allmacht sich Menschen zur Unterdrückung ihrer Mitmenschen berufen. Jesus und Buddha waren überzeugt, dass dieser Weg letztlich zur endgültigen Befreiung – dem Nirwana – führt. Jesus hat für diese Überzeugung den schmerzvolleren Weg auf sich genommen.

Jesus Passion Karfreitag
Jesus am Kreuz mit Wundmalen

Wunder?

Auch von Buddha werden Wundertaten berichtet. Er sieht diese – wie Jesus – nicht als Wunder. Es sind bloß erstaunliche und außergewöhnliche – daher wunderbare – Ereignisse. Als Folge einer natürlichen Entwicklung. Eine Praxis, die auch seine Jünger mit Energie und Ausdauer erwerben können. Wie Jesus will er nicht, dass dies öffentlich geschieht. Weil sich die Menschen nur auf Grund von Vernunft und Einsicht entschließen sollen, den von ihm eingeschlagenen und vorgelebten Weg nachzufolgen – nicht durch eine von Wunder ausgelöste Begeisterung. Denn Wunder haben nichts mit der Loslösung des Leidens – des Kreislaufes von Geburt und Tod – zu tun.

Wer hat mitgeschrieben?

Wie Jesus hat uns auch Buddha keine einzige Zeile hinterlassen. Es gibt auch keine Aufzeichnungen in seiner Sprache – dem Magadhi – sondern nur Übersetzungen im Sanskrit und anderen Gelehrtensprachen. Und das – wie bei Jesus – Jahrzehnte oder Jahrhunderte nach seinem Tod.

Die Erzählungen über Buddha und dessen Lehre von der Überwindung des Leidens wurde von den Evangelisten – insbesondere Lukas, Markus und Matthäus – auf mosaisch „getrimmt“. Sie haben durch ihre mosaische Brille Jesus Leben als vorletzte Station seiner Inkarnationen nicht verstanden. Daher auch nicht dessen Lehre von der Überwindung des Leidens und dessen Tod als letzte Station und seine Erlösung vom Leben.

Der ungläubige Thomas Zeig mir Deine Wunde

Daher war es für sie unumgänglich, dass Jesus wieder auf Erden – in ein neues Leben – zurück kommt. Als dieser – wie Buddha – entschwunden blieb, standen sie mit leeren Händen da. Und verwandelten Jesus letzte Station in eine leibliche Auferstehung von den Toten. Womit sich Jesus – wäre er nicht im Nirwana ein Buddha – vor Verwunderung im Grab umdrehen müsste.

Gott oder Allvater?

Jesus Lehre kommt – wie auch jene Buddhas – ganz ohne Gott aus. Erst seine Jünger transformierten ihn zum Sohn eines allwissenden und allmächtigen Gottes, ohne eine Erklärung des Ursprungs des menschlichen Leidens – ein Ausfluss des Bösen auf Erden – zu haben. So wurde auch Buddha in dessen Lebenslegende der Versuchung durch den Teufel Mara ausgesetzt. Der wollte ihn bewegen, sein Wahrheitsstreben aufzugeben und gleich ins Nirwana einzugehen, um der Menschheit seine erlösende Lehre zu verheimlichen . Deshalb musste auch Jesus in der Wüste derartigen Versuchungen widerstehen – auch wenn Jesus dabei bloß eine materielle Weltherrschaft in Aussicht gestellt wurde. Doch Jesus wusste: Erst mit seinem Tod wird er die Erlösung von seinen bisherigen Reinkarnationen – das ewige Leben – erreichen. Als Erlösung von allem Iridischen – eine für materialistisch orientierte Moses – Jünger unvorstellbare Vorstellung.

Wer die Evangelien mit der Brille des Buddhismus statt jeder der Thora liest, wird staunen. Auch das könnte die Aufgabe von „Ethik für alle“ und einer neuen Religionserziehung sein.

6 Antworten auf „JESUS trifft BUDDHA“

  1. Ichbewundere dich, das du dich so mit der Materie auseinangersetzt. Ich kann kein Kommendar dazu abgeben,da ich mir vieles erklären lassen müßte und ich nicht weiss ob mich jemand in welcher Hinsicht auch immer überzeugen könnte.

  2. Danke für diesen Bericht. Mit Hilfe der Bibel sind einige der Aussagen zu hinterfragen:
    1. Sagte Jesus von sich, er sei Gottes sohn?
    In Markus 14, 61 lesen wir als er von hohepriester gefragt wurde:
    „Bist du der Christus, der von Gott ersehnte Retter, der Sohn Gottes?“ Darauf sagt Jesus in Vers 62: „ja, der bin ich.“
    Nicht wie hier dargestellt, hat Jesus sich eindeutig als Gottes sohn bezeichnet.

    2. Jesus hat öffentlich keine Wunder vollbracht oder wollte nicht, dass Menschen sich ihretwegen bekehren.
    Dazu lesen wir z. B. in Johannes 5, 8-9 , wie Jesus öffentlich Lazarus heilt. Dies ist nur eine Stelle. Die Bibel erzählt in den Evangelien von zahlreichen wundern. Und oft haben diese heilungen dazu veranlasst, dass Menschen an Jesus glaubten. So war es wohl auch in seinem Sinne.

    3. Jesu sagte: „ich bin der weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“ Und weiter “ Wer an mich glaubt, wird das ewige Leben haben.“ Hier sieht man deutlich, dass Errettung nicht an Leistung gebunden ist, sondern nur aus einem bekennenden glauben besteht. Es ist also nicht, wie hier dargestellt nötig, dass jeder schritte oder Taten alleine begehen oder tun muss, um mit Gott die Ewigkeit zu verbringen. Es ist Gnade und Befreiung von jedem eigenmächtigen Eifer gerecht zu werden.

    Das Jesus gelebt hat und auferstanden ist, ist besser belegt und zeitnaher als der Hallo he Krieg. Trotzdem wird in jedem geschicjtsunterricht über Cäsar gelehrt.

    Jeder darf sich entscheiden, ob er glaubt, das Jesus ein Spinner war oder die Wahrheit sagte. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht.
    Aber Gott liebt dich und möchte diese Beziehung mit dir. Der glaube an Jesus stellt die Beziehung wieder her.
    Wenn du das nicht glauben kannst, dann fordere Gott heraus, als Experiment. Sag ihm, dass du ihn ehrlich kennenlernen willst. Erlaube Jesus in dein Herz zu kommen und dein Leben zu verändern. Und wenn du das tust, wird Gott sich dir zeigen. Das habe ich selbst erlebt. Es hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Es hat mich frei gemacht und mit Hoffnung und Freude erfüllt. Und ich habe Gott erlebt, ob durch wunderheilung oder dem Erlebnis, wie Menschen, die Jesus nachfolgen und Beziehung mit ihm pflegen, eine Freude haben, die ich bei anderen nie so erlebt habe. Und letztlich wird jeder der Jesus annimmt diese Welt überwinden und die Ewigkeit mit Gott verbringen.
    Hier kann viel diskutiert werden, argumentiert. Letztlich darf jeder Gott bitten, dass er ihn in die Wahrheit führt. So viel ist sicher: Wer anklopft, dem wird aufgetan.

  3. „Jesus trifft Buddha – Das atheistische Evangelium“.
    Wer hier auch nur ein Wort über Buddha erwartet wird enttäuscht sein. Aber wer Buddhismus ein wenig kennt wird viele Hinweise finden. Wer sich auf das Wort „atheistisch“ im Titel stürzt, wird ebenfalls enttäuscht. Das Buch ist ganz und gar nicht atheistisch, der Autor ist offenbar ein sehr gläubiger Mensch, einer, der anonym bleiben will – vielleicht weil er eine enorme Sachkenntnis der originalen Schriften zu haben scheint und daher möglicherweise aus dem Innersten einer der großen christlichen Kirchen kommt.

    Seine Leistung ist eine gigantische Zusammenschau aller noch vorhandenen Quellen um den historischen Jesus, die er in die bekannten vier Evangelien einfügt und sie überdies in eine zeitlich logische Reihenfolge bringt. Manche unverständlichen Worte, die zu erklären sich zB der Kardinal jede Woche in der Sonntags-Krone – meines Erachtens vergeblich – abmüht werden als Übersetzungsfehler, als Verfälschungen erkannt, und plötzlich entsteht hier ein Mensch aus Fleisch und Blut, in einer spannenden Zeit in einem spannenden Umfeld, der viel Wissen – aus welchen Quellen auch immer, möglicherweise aus buddhistischen – hatte und zweifellos auch Fähigkeiten, aber sich einer völlig unverständigen Anhängerschar gegenüber sah. Immer und immer wieder kommt heraus wie er sich ärgert, dass seine Schüler absolut gar nichts verstehen – und das hat sich in den zwei Jahrtausenden seither im großen und ganzen nicht geändert.

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